Die Zertifizierung aus der Sicht eines Fachexperten, u.a. für die Bereiche Elektronik & Elektrotechnik.
Was macht den Ingenieur-Titel in Ihren Augen wertvoll?
Der Ingenieur-Titel hilft einem*r Arbeitgeber*in zu erkennen, ob ein*e Bewerber*in mit technischer Ausbildung bereits Berufserfahrung hat oder sich seit dieser Ausbildung weiterentwickelt hat. Es reicht eben nicht mehr, nur eine Bestätigung des*r Arbeitgebers*in zu bringen, um den Titel zu erlangen, sondern man muss auch glaubwürdig darstellen, welche Art von Weiterentwicklung man durchlaufen hat, und dies ist wie ein kleines Assessment-Center für die Personalabteilung. In diesem Fall wurde es schon durch die Zertifizierungsstellen erledigt.
Welche Erwartungen haben Sie an jemanden, der den Ingenieur-Titel trägt?
Um ein*e erfolgreiche*r Ingenieur*in zu sein, reicht es schon lange nicht mehr, reine technische Skills zu haben. Wichtig sind aus meiner Sicht vier Bereiche: 1.) Der soziale Umgang mit den Kolleg*innen, Kund*innen und Partnerfirmen: Jemand muss damit umgehen können, wenn ein*e Kund*in mal etwas strenger wird bzw. wenn ein*e Arbeitskolleg*in einen anderen Lösungsweg zu einer Problemstellung vorschlägt. 2.) Lust auf Neues: Allein, wenn man sich die letzten 20 Jahre im Elektronikumfeld ansieht, blieb hier kein Stein auf dem anderen. Wer hier nicht fähig ist mitzumachen, sich anzupassen und sich beinahe wöchentlich mit neuen Gegebenheiten rumzuschlagen, wird sich schwer tun. 3.) Technisches Verständnis: Es ist wichtig mit dem Werkzeugkasten an Wissen, den man nach einer HTL mitbekommt, umgehen zu können und diesen richtig einzusetzen. 4.) Selbstständigkeit: Ein*e Ingenieur*in muss Verantwortung übernehmen und muss auf Probleme eigenständig zugehen können. Eigenständig heißt aber nicht
allein, hier kommt wieder Punkt eins ins Spiel. Eigenständig heißt auch im Team oder mit anderen Menschen daran zu arbeiten, bis ein Ergebnis erzielt wurde.
Warum zahlt es sich aus, den Ingenieur-Titel zu beantragen?
In Österreich weiß man, dass der Ingenieur-Titel mit einer gewissen Grundausbildung und mit gewissen Fähigkeiten einhergeht. Die Personalabteilungen in den Unternehmen wissen das und natürlich auch die Leiter*innen der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Normalerweise hat man mit einem Ingenieur-Titel heutzutage kein Problem eine Arbeitsstelle zu finden.
Was gefällt Ihnen besonders an der Fachexperten-Tätigkeit? Gibt es ein besonderes Erlebnis aus den bisherigen Fachgesprächen?
Besonders gut gefällt mir die bunte Mischung an Menschen, die diese Hürde auf sich nehmen, ihren Werdegang zusammenschreiben und sich zu diesem Gespräch anmelden. Die Varianz geht von einem*r sehr jungen Wartungstechniker*in, welche*r direkt nach der HTL ins Berufsleben eingestiegen ist und exakt nach der Wartezeit den Titel beantragt, weiter zum*r mehrfachen Patentinhaber*in und Abteilungsleiter*in von 20 Forscher*innen bis zum 10-Personen Meisterbetrieb, der sehr viele andere personelle, finanzielle und unternehmerische Herausforderungen im Berufsalltag meistern muss. All diese Menschen lernt man kennen, deren Geschichte und deren Herausforderungen im Leben. Man bekommt auch sehr gut Einblick in andere Branchen und erweitert dadurch seinen Horizont.
Zusatzfrage #TÜVAUSTRIA150 & 5 Jahre TÜV AUSTRIA Ingenieur-Zertifizierung – Ihr Geburtstagsglückwunsch ;)?
Liebes TÜV Team, ich wünsche euch alles Gute zu eurem Geburtstag und hoffe, ihr lasst es ordentlich krachen! Ich freue mich auf weitere fünf Jahre mit euch und vielen Ingenieur*innen.
Herzlichen Dank für das Interview!
Zur Person:
Matthias Seehauser, MSc, ist Geschäftsführer der Zeugwerk GmbH, Fachexperte ua für die Bereiche Elektronik & Elektrotechnik und INGfluencer.